Sind Sparen und Wachstum Gegensätze?

Nein, sind sie nicht, obwohl der französische Staatschef Francois Hollande dieser Meinung zu sein scheint. Hollande sieht in dem krisenbedingten Sparkurs, den sich viele europäische Nationen verordnet haben – bzw. von den strengen Herren aus Frankfurt, Washington und Brüssel verordnet bekamen – den Grund für die aktuelle Wachstumsschwäche in Euroland. Und ebendiese Schwäche will Monsieur Hollande mit einer Dosis Geld behandeln, dass der Staat in die Hand nehmen und der Realwirtschaft zukommen lassen soll, auf dass sie wieder stärker wachse. Durch das stärkere Wachstum würden dann die vertrockneten Steuerquellen wieder zu sprudeln beginnen (die Logik dahinter: macht eine Firma mehr Geschäft, zahlt sie auch mehr Steuern), wodurch sich das Loch im staatlichen Budget, das durch die Holland’sche Geldspritze gerissen wurde, wäre dann – simsalabim! – wieder zu. Oder so ähnlich.

Ob diese Strategie funktionieren kann oder nicht, darüber scheiden sich nicht erst seit gestern die Geister. Die einen halten den Ansatz für keynesianische Lügenpropaganda, die nie und nimmer funktionieren kann, die anderen werfen ihren Widersachern vor, das Wohl ihrer Landsleute auf dem Altar des amoralischen Sparwahns zu opfern. Beide Seiten hantieren mit einer Vielzahl von plausiblen Argumenten, und das Schlachtgetümmel ist so chaotisch, dass es schwer fällt, den Überblick zu bewahren.

Ich für meinen Teil möchte mich an dieser Debatte gar nicht beteiligen, sondern auf einen Fehler in diesem Gedankengebäude, für das Hollande eine dankbare Fassade abgibt, hinweisen: Die Gleichsetzung von Sparen und Wachstum ist eine Vermischung von Kategorien. Denn Wachstum ist ein Zweck, und Sparen eines der möglichen Mittel, um diesen Zweck zu erreichen. In Estland beispielsweise, das der Ausbruch der globalen Finanzkrise 2008 in die Depression katapultiert hatte, hat Sparen sehr wohl zum Wachstum geführt, während beispielsweise China dank eines üppigen staatlichen Konjunkturprogramms zu seinem Wachstum gekommen ist. Man sieht also: Ganz so einfach ist die Sache nicht.

About Michael Laczynski

Michael Laczynski wurde 1973 in Warschau geboren und kam im zarten Alter von elf Jahren nach Österreich. Er war langjähriger Leiter des Auslandsressorts der Tageszeitung "WirtschaftsBlatt", ist Mitbegründer des Kulturmagazins TOURISTEN und schreibt jetzt aus Brüssel für "Die Presse". ml@homo-oeconomicus.com
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1 Kommentar zu: Sind Sparen und Wachstum Gegensätze?

  1. Das hier ist ein Testposting.

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